Krafttraining

Krafttraining als Basis

Dr. med. Gabriela Kieser erklärt, welche Rolle unsere Muskeln spielen und wie wir über Krafttraining Leistungsfähigkeit und Gesundheit stärken.

Frau Dr. Kieser, warum ist es so wichtig, unsere Muskeln zu trainieren?
Die Kräftigung unserer Muskulatur ist essenziell – und zwar für jeden Menschen, auch im hohen Alter. Wir sollten sogar von einer Vorrangstellung der Muskeln sprechen, da ohne sie menschliches Leben unmöglich ist. Sie erfüllt zahlreiche vitale Funktionen. Gezieltes Krafttraining in Kombination mit einer gesunden Ernährung und einem aktiven Lebensstil ist bestens geeignet, um die körperliche und kognitive Leistungsfähigkeit zu steigern, die Gesundheit zu fördern oder zurückzugewinnen sowie das Risiko von Beschwerden und Zivilisationskrankheiten zu minimieren. Der schöne Nebeneffekt: Wer regelmäßig Krafttraining macht, wird nicht nur stärker, sondern sieht auch besser aus.
 

Sie haben die lebensnotwendigen Funktionen der Muskulatur angesprochen. Welche sind das?
Ohne unsere Muskulatur könnten wir uns weder aufrichten noch bewegen. Sie stabilisiert die Wirbelsäule und die Gelenke und schützt deren Strukturen. Darüber hinaus ist sie wesentlich verantwortlich für die Wärmeproduktion. Und sie ist unser größtes Stoffwechselorgan. Wir wissen heute, dass bei Muskelkontraktionen Myokine in die Blutbahn ausgeschüttet werden. Das sind Botenstoffe mit hormonähnlicher Wirkung, die auf andere Organe Einfluss nehmen – etwa Gehirn, Bauchspeicheldrüse, Leber und Knochen. Diese Myokine sind für die Funktion der Organe essenziell. Der Wachstumsfaktor BDNF („Brain derived neurotrophic factor“) hat beispielsweise im Gehirn Einfluss auf die Neubildung von Nervenzellen und Synapsen, kann diese vor Degeneration schützen und die Kommunikation der Nervenzellen untereinander fördern. Das kann unsere kognitive Leistungsfähigkeit positiv beeinflussen. Das Problem: Wird die Muskulatur nicht gebraucht, bildet sie sich zurück. Die Konsequenzen von Inaktivität: Leistungsfähigkeit, Belastbarkeit und Beweglichkeit nehmen ab und gleichzeitig steigt das Risiko, Beschwerden am Bewegungsapparat oder Stoffwechselerkrankungen zu entwickeln.
 

Und mit Krafttraining lässt sich gegensteuern?
Ein hochintensives Krafttraining bis zur lokalen muskulären Erschöpfung ist nahezu für jeden geeignet. Damit stellen Sie einerseits sicher, dass neuronale Anpassungen auf Ebene des Gehirns, des Rückenmarks und der Ansteuerung der Muskeln stattfinden. Auf der anderen Seite stimulieren Sie muskuläre Anpassungen: Indem Ihre Muskeln verstärkt Muskelprotein bilden und in die Fasern einlagern, gewinnen Sie Muskelmasse. Dadurch lassen sich wie gesagt viele positive Effekte erzielen. Sie stärken die Haltefunktion der Muskeln, können Ihre Stoffwechselkapazität verbessern und Herz und Kreislauf stärken, um nur einige Effekte zu nennen. Sie gewinnen Kraft, werden leistungsfähiger und belastbarer. Wer eine kräftige Muskulatur hat, geht zudem souveräner durchs Leben. Zwar sind die psychologischen Aspekte bislang noch wenig erforscht, dennoch deuten Untersuchungen darauf hin, dass Krafttraining eine einfache und effiziente Maßnahme z. B. gegen Müdigkeit, Angst und Depression ist.
 

Sie haben eingangs die Ernährung und einen gesunden Lebensstil erwähnt.
Um Muskeln aufzubauen, brauchen wir neben einem hochintensiven Krafttraining bis zur lokalen Erschöpfung eine ausreichende Proteinversorgung. Denn einfach gesagt, steigern wir durch Krafttraining die Schnelligkeit, mit der neues Muskelprotein gebildet und in die Fasern eingelagert wird. In Anbetracht der Datenlage sind 1,5 bis 2,2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpermasse pro Tag sinnvoll. Den täglichen Gesamtbedarf sollten Sie auf mehrere Portionen à ca. 20 bis 30 Gramm verteilen. Am besten nehmen Sie alle 3 bis 5 Stunden eine Portion zu sich. Bei Senioren darf es etwas mehr sein: 0,6 Gramm pro Kilogramm Magermasse und Einnahmezeitpunkt. Das macht ca. 30 bis 40 Gramm Protein pro Einnahmezeitpunkt. Eine Portion sollten Sie unmittelbar nach dem Krafttraining verzehren. Molke, Hüttenkäse und Magerquark, Fisch, Geflügel und Fleisch, Hülsenfrüchte und Nüsse sind gute Proteinquellen. Und ein aktiver Lebensstil ist generell wichtig: Wir haben das genetische Programm eines Steinzeitmenschen, dass nur bei täglicher körperlicher Aktivität richtig funktioniert. Dementsprechend sollten wir leben.

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